Pressemiteilung von Livas und KCM
Rainer-Plein-Weg in Münster erinnert an ihn
Fast auf den Tag vor einem Jahr wurde in Münster das 50ste Jubiläum der ersten Homosexuellendemo
in Deutschland gefeiert, die 1972 hier stattgefunden hat. Organisiert hatte diese Demo der Student
Rainer Plein. Sie sollte an den ersten Geburtstag der Emanzipationsgruppe „Homophile Studenten
Münster“ (HSM) erinnern. Heute würde Rainer Plein 75. Der Rainer-Plein-Weg im Münsteraner
Rumphorst-Viertel erinnert an ihn.
Aufklärung und Information
Mit handgefertigten Plakaten hatten Rainer Plein und sein Mitstreiter Roman Eck zu einem ersten
Treffen eingeladen. 20 Interessierte folgten damals dem Aufruf, darunter auch lesbische Frauen. Sie
planten Gruppenabende und gemeinsame Feten, wollten die Gesellschaft über die Diskriminierung
Homosexueller aufklären und sich für Akzeptanz und Anerkennung einsetzen.
Über die Resonanz waren Rainer Plein und die HSM-Aktiven enttäuscht. „Da wir die Erfahrung gemacht
haben, dass wir durch Information die Gesellschaft gar nicht erreichen, weil sie sich dagegen sperrt,
weil sie eben nicht kommt, müssen wir zur stärkeren Möglichkeit der Konfrontation greifen“, sagte Plein
in einem Filmbeitrag des WDR.
Konfrontation durch Demonstration
Konfrontation, das hieß Demonstration. Energisch und zupackend gewann Rainer Plein die kleine
Gruppe Aktiver in der HSM, zum 29. April die erste Homosexuellendemo in der deutschen Geschichte
auf die Beine zu stellen.
Ideologische Auseinandersetzungen
Transparente wie „Brüder & Schwester, warm oder nicht, Kapitalismus bekämpfen ist unsere Pflicht“
prägten das Bild der Demonstration. „Darüber war Rainer Plein höchst unglücklich. Linke Parolen waren
ihm fremd. Er war eher ein liberaler Bürgerrechtler“, berichtet sein Mitstreiter Sigmar Fischer. „Mein
ältester Bruder war voller Enthusiasmus und Idealismus. Er kämpfte für Gerechtigkeit“, ergänzt Rüdiger
Plein.
Plein organisierte den HSM-Infodienst als Plattform für die Gruppen. Intensiv arbeitete er an deren
Vernetzung. Mit Erfolg: Am 9. Dezember 1972 gründete sich die Deutsche Aktionsgemeinschaft
Homosexualität.
Gegen Diskriminierung in der Bundeswehr
Die HSM zerbrach an inneren Konflikten, dadurch war sie seit November 1973 nicht mehr arbeitsfähig
und stellte die Aktivitäten im Mai 1974 offiziell ein.
Rainer Plein kämpfte als Reserveoffizier gegen die Diskriminierung Schwuler durch die Bundeswehr.
Eine Ernennung zum Oberleutnant der Reserve wollte er nur annehmen, wenn die Bundeswehr
gleichzeitig seine Homosexualität anerkannte. Gegen die Rücknahme seiner Beförderung prozessierte
Plein vergeblich. Erst am 20. Mai 2021 verabschiedete der Deutsche Bundestag ein „Gesetz zur
Rehabilitierung der wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen, wegen ihrer homosexuellen
Orientierung oder wegen ihrer geschlechtlichen Identität dienstrechtlich benachteiligten Soldatinnen
und Soldaten“ (SoldRehaHomG).
Resignation und Rückzug
Diesen späten Erfolg seines Engagements erlebte Rainer Plein nicht mehr. Im Frühsommer 1976 zog er
sich endgültig aus der schwulen Emanzipationsszene zurück. In tiefer Depression setzte Plein am 22.
November 1976 seinem Leben ein Ende.
Später Anerkennung
Späte gesellschaftliche Anerkennung fand Rainer Plein und die Mitbegründerin der Homosexuellen
Frauen Münster (HSM), als 2017 der Rat der Stadt Münster im Neubaugebiet Rumphorst-Viertel zwei
Straßen nach Rainer Plein und Anne Henscheid benannte. Mit einem Festakt am 29.April 2022 und
dem Dokumentarfilm „Münster 1972!“ erinnern KCM und Livas an die Demonstration.
Ministerpräsident: 1972 war ein Meilenstein
1972 war ein Meilenstein – nicht nur für Münster, sondern bundesweit. Das hob Ministerpräsident
Hendrik Wüst als Redner beim Festakt hervor. Rainer Plein ist und bleibt ein Pionier dieser Entwicklung.
Heute würde er 75.